07. 02. 2018

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07. 02. 2018

Ausbau der Schieneninfrastruktur – trotz Digitalisierung notwendig

Mit der Digitalisierung befindet sich auch unsere Mobilität in einem starken Wandel. Doch wie schnell und wie spürbar der Wandel kommen wird, weiss niemand genau. Deshalb ist ein Ausbau der Schieneninfrastruktur zwingend. Der Blog von VöV-Präsident und LITRA-Vorstandsmitglied Norbert Schmassmann.

Die Mobilität wandelt sich. Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche, auch die Mobilität. Wie „digital“ der öffentliche Verkehr in Zukunft aussehen wird, weiss zurzeit niemand ganz genau. Dass es teilweise oder ganz führerlose Züge, Trams und Busse geben wird und dereinst selbst-fahrende Autos auf den Strassen verkehren werden, ist aufgrund der technologischen Entwicklung anzunehmen. Nur weiss man nicht, ab wann. Das ist die offene Frage. Sicher ist nur der Wandel. Zudem werden neue Antriebsformen an Bedeutung gewinnen; so wird die Elektromobilität den strassengebundenen öffentlichen Verkehr grundlegend verändern. Auch hier ist die Frage: wie schnell?

Vieles bleibt wie es ist

Trotzdem wird es im Bereich der Mobilität „Konstanten“ geben. Vieles wird sich nicht verändern: So der Mensch mit seinen Mobilitätsbedürfnissen. Trotz Digitalisierung und neuen Mobilitätsformen bleiben wichtige Grundbedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden, nämlich die öV-Errungen-schaften, unverändert: Alle wollen einen zuverlässigen, pünktlichen, sauberen und bezahlbaren öV, d.h. angenehm reisen (möglichst mit Sitzplatz), sowie einen funktionierenden zuverlässigen Güterverkehr, der aber die Personenmobilität möglichst nicht tangiert, was erhöhte Anforderungen an die Logistik stellen wird.

Innerhalb des öV wird ein dichtes Angebot mit optimalen Anschlüssen und guten Umsteige-beziehungen wichtig bleiben, und zwar flächendeckend in der ganzen Schweiz. Hier darf davon ausgegangen werden, dass dies unverändert wichtig bleiben wird.

öV in Zukunft noch bedeutender

Dank seiner Zuverlässigkeit und seiner Qualität ist der öV in der Schweiz äußerst beliebt. Die Nachfrage wird wachsen, einerseits, weil die Gesamtmobilität wächst, und andrerseits, weil die politischen Bestrebungen nach wie vor in Richtung Erhöhung des Modal Splits zu Gunsten des öV gehen. So wird gemäss den Verkehrsperspektiven des Bundes das Verkehrswachstum weitergehen. Der Bund geht bis 2040 von einer Zunahme um 40 Prozent aus, der Anteil des öffentlichen Verkehrs soll dabei von 19 auf 23 Prozent zunehmen. Es ist eine grosse Herausforderung, dieses Wachstum sinnvoll zu bewältigen und zu finanzieren. Eine Steigerung des öV-Anteils an der Gesamtmobilität ist wie gesagt ein sehr wichtiges Element, um die Ziele der Energiestrategie zu erreichen. Kurz: Die Bedeutung des öV wird also noch zunehmen.

Engpässe auch bei besserer Nutzung der Infrastruktur

In dieser Situation wird die Digitalisierung helfen, die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen. Hier unternimmt die öV-Branche viel, um dies zu erreichen. Eine bessere Infrastrukturnutzung genügt aber nicht, um das Verkehrswachstum aufzufangen. So ändert die Digitalisierung nichts an der Tatsache, dass viele Bahnhöfe zu geringe Kapazitäten aufweisen und wegen der erwarteten Kundenströme ausgebaut werden müssen. Ebenso kann die Haltedauer der Züge in Bahnhöfen und an Stationen kaum verkürzt werden.

Um das erwartete und prognostizierte Verkehrswachstum bewältigen zu können, braucht es nebst einem effizienteren Einsatz der bestehenden Infrastrukturen auch einen weiteren Ausbau der Schiene. Denn nur auf der Schiene können in grossen Gefässen viele Leute rasch zu verschiedenen Bahnhöfen/Haltestellen zuverlässig und pünktlich (und somit exakt planbar) transportiert werden. Analoges gilt in den Städten und Agglomerationen, wo es wegen der gebündelten Nachfrage nach Transportleistungen weiterhin Tram- und Buslinien mit grösseren Gefässen geben wird. Die Mobilität in Städten nur mit selbstfahrenden Autos bewältigen zu wollen, würde am Platzbedarf der vielen kleinen Transportgefässe scheitern.

Grosses Engagement der Branche für einen Ausbau

Deshalb setzt sich der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) nach wie vor stark für einen weiteren Ausbau des öV und insbesondere auch der Schiene ein. Eine gute ausgebaute Schieneninfrastruktur ist das Rückgrat des ganzen öffentlichen Verkehrssystems. So unterstützt der VöV den vom Bundesrat vorgelegten Ausbauschritt 2035. Da aber Eisenbahninfrastrukturen nicht von heute auf morgen gebaut werden können, sondern dem Bau eine lange Planungsphase vorangeht, sind Infrastrukturbauten langfristig zu planen. Wir sind dies den kommenden Generationen, die auch ähnliche bis gleiche Mobilitätsbedürfnisse haben werden, schuldig.

Als aus der Zentralschweiz stammender Verbandspräsident freut es mich, dass der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Interpellation von Ständerat Konrad Graber festhält, dass er gewillt ist, die Projektierungsarbeiten am Durchgangstiefbahnhof Luzern zügig zu einem baureifen Projekt voranzutreiben.

Autor: Norbert Schmassmann, Präsident VöV

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