01. 07. 2025
01. 07. 2025
Gastbeitrag: Bahnerlebnis Schweiz – Den öffentlichen Verkehr im Verkehrshaus erleben
Das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern hat Mitte Juni eine neue Erlebniswelt in der Schienenhalle eröffnet. Sie macht den Beitrag der Bahnen zugunsten einer funktionierenden Schweiz anhand von acht interaktiven Themeninseln erlebbar. Von legendären historischen Fahrzeugen über Stationen zur Gegenwart bis zu einem Blick in die Zukunft nimmt die neue Ausstellung die Besucherinnen und Besucher mit auf eine einzigartige Zeitreise.

Das Verkehrshaus ist mit jährlich rund einer Million Besucherinnen und Besucher die führende Plattform rund um Mobilitätsthemen in der Schweiz. © Verkehrshaus Schweiz
Von Jean-Luc Rickenbacher, Projektleiter "Bahnerlebnis Schweiz"
Wie funktioniert das Schweizer Bahnsystem, wie hat sich der Reisekomfort entwickelt und welche Berufsbilder sorgen dafür, dass die Züge jeden Tag pünktlich ankommen? Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt die neue Ausstellung "Bahnerlebnis Schweiz" im Verkehrshaus.
Erreichbar ist das beliebte Ausflugsziel am Vierwaldstättersee zu Fuss, mit dem Velo oder Motorrad, Auto, Bus, Schiff oder mit dem Zug. Der ideale Ort also, um Ikonen der Bahngeschichte zu entdecken, interaktiv in die Welt der Bahnen einzutauchen und eine Zukunftsvision des öffentlichen Verkehrs zu entwickeln.
Vergangenheit trifft auf Zukunft
Die Bahnen trugen wesentlich dazu bei, die Sprachregionen und die Bevölkerung in der Schweiz miteinander zu verbinden. Grossprojekte wie der Bau des Lötschberg- und des Gotthardtunnels waren nicht nur prägende Projekte für das Land, sondern sie stärkten auch die Rolle der Schweiz in Europa.
Unternehmen wie die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM), die Maschinenfabrik Oerlikon, Brown, Boveri & Cie. und die Société Anonyme des Ateliers de Sécheron genossen dank ihrer Qualität und Innovationen weltweit hohes Ansehen.

Die interaktive Ausstellung "Bahnerlebnis Schweiz" zeigt, wie die Bahn unser Land prägt – wirtschaftlich, ökologisch, kulturell und gesellschaftlich. © Valeriano Di Domenico / Verkehrshaus Schweiz
In der neuen Ausstellung können einige Fahrzeugikonen bestaunt werden: von der Dampflok «Genf» von 1858 als älteste erhaltene Originallokomotive der Schweiz über die Elektrolok Re 4/4 «Swiss Express» von 1967 bis zum Elektrotriebzug «Giruno» der SBB. Letzterer ist mit einem Führerstandsimulator ausgestattet und bietet einen authentischen Einblick in den Berufsalltag einer Lokführerin oder eines Lokführers.
Die Ausstellung vermittelt nicht nur die Meilensteine der Bahngeschichte und die Bedeutung der Bahnen für die Mobilität von heute, sondern bietet auch einen Blick in die Zukunft.
Diese wird mittels neuester Technologien vermittelt: eine künstliche Intelligenz befragt die Besucherinnen und Besucher bei einem Ausstellungsteil nach ihrer Vision der Bahnzukunft – am Schluss generiert sie auf der Basis der Antworten automatisch eine Visualisierung ihrer Zukunftsvision. Ein konkretes Beispiel unter vielen, wie die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Bahnen im Verkehrshaus vermittelt werden.

Jede Themeninsel ist mit einem spezifischen Piktogramm gekennzeichnet. Die Piktogramme sind auf LED-Cubes statisch und über vier Seiten animiert erkennbar. © Valeriano Di Domenico / Verkehrshaus Schweiz
Wichtiger ausserschulischer Lern- und Erlebnisort
Die Schienenhallen sind in acht Themeninseln strukturiert: Energie, Popkultur, Bahngeschichte, Reisen, Berufe, Tourismus, Infrastruktur und Güterverkehr. Anhand dieser Schwerpunkte wird aufgezeigt, wie die Bahnen die Schweiz prägen und welchen Beitrag sie an eine funktionierende Schweiz leisten. Die entsprechenden Fahrzeuge, Inhalte und Attraktionen sind um die jeweiligen Themeninseln gruppiert.
Der Ausstellungsbesuch gestaltet sich als eine Art Zugreise von Station zu Station durch die Schienenhallen, die farblich einheitlich gestalteten Themeninseln dienen den Besucherinnen und Besucher als roter Faden. Das Verkehrshaus orientiert sich in der Ausstellung am Vermittlungsansatz des «Edutainment»: die Inhalte werden dem Publikum auf möglichst spielerische Art und Weise vermittelt.
Das Bahnerlebnis setzt in punkto Ausstellungsdidaktik und den eingesetzten Medien neue Massstäbe: die Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bei den Bahnberufen werden zum Beispiel anhand einer digitalen Uniformengarderobe erlebbar. Bei diesem Ausstellungsteil wählen die Besuchenden aus vier Uniformen aus und erscheinen auf dem Bildschirm als digitaler Avatar in der jeweiligen Berufskleidung, d.h. als Kundenbegleiter/in, Netzelektriker/in, Transportpolizist/in oder Gleisbauer/in.
Das komplexe Zusammenspiel der Bahninfrastruktur wird anhand einer interaktiven Spielwand vermittelt, die aus haptischen und digitalen Elementen besteht. Eine grosse digitale SBB-Bahnhofsuhr zeigt den Besuchenden nicht nur die Zeit an, sondern nimmt sie mit auf eine digitale Zeitreise durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Bahnen.

Die SBB-Bahnhofsuhr, von Hans Hilfiker entworfen, ist eine Designikone. Sie steht nicht nur für Pünktlichkeit und Präzision, sondern sie ist allgemein ein Symbol für Schweizer Qualität. © Valeriano Di Domenico / Verkehrshaus Schweiz
Spitzenvertretende diskutieren Herausforderungen im Bahnverkehr
Das "Bahnerlebnis Schweiz" besteht nicht nur aus einer Ausstellung, sondern auch aus Veranstaltungen. Im Rahmen der Vernissage vom 18. Juni 2025 diskutierten an einer hochkarätig besetzten Gesprächsrunde führende Persönlichkeiten der Schweizer Bahnen und der Bundesverwaltung über die Zukunft des Bahnverkehrs.
Bernhard Meier (SBB), Daniel Schafer (BLS), Petra Breuer (BAV), Renato Fasciati (RhB) und Armin Weber (SOB) gaben Einblicke in aktuelle Herausforderungen und Perspektiven für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz.

Bernhard Meier (SBB), Daniel Schafer (BLS), Petra Breuer (BAV), Martin Bütikofer (Verkehrshaus Schweiz), Renato Fasciati (RhB) und Armin Weber (SOB), v.l.n.r., in der Ausstellung vor dem «Giruno». © Valeriano Di Domenico / Verkehrshaus Schweiz
Der öffentliche Verkehr als wichtiger Teil des Service public
Selbst entlegene Orte sind dank des ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes gut erreichbar. In der Ausstellung kann dies anhand eines interaktiven Exponats erlebt werden: ein Touchscreen zeigt anhand von fünf Reisen auf, wie Reisende mit dem Zug, Bus, Schiff und der Seilbahn bequem ihr Ziel erreichen.

Die Themeninsel Tourismus mit den Pilatusbahn-Triebwagen und dem interaktiven Exponat. © Valeriano Di Domenico / Verkehrshaus Schweiz
Ein weiterer Höhepunkt der Themeninsel Tourismus ist die Pilatusbahn, die steilste Zahnradbahn der Welt: die Besuchenden gelangen über eine Treppe zwischen dem Dampftriebwagen von 1889 und dem elektrischen Triebwagen von 1937 auf ein Podest, wo ein Modell des seit 2023 eingesetzten Triebwagens mit modernem Design ausgestellt ist.

© Verkehrshaus Schweiz
Jean-Luc Rickenbacher hat an der Universität Bern und an der Sorbonne in Paris Geschichte und Geografie studiert.
Er ist seit 6,5 Jahren im Verkehrshaus als Kurator tätig und verantwortlich für die Schwerpunkte öffentlicher Verkehr, Schifffahrt und Logistik. Jean-Luc Rickenbacher war Projektleiter des "Bahnerlebnis Schweiz".