19. 06. 2023

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19. 06. 2023

Sessionsveranstaltung: Wo stehen wir bei den Ausbauprogrammen Bahninfrastruktur und wie geht es weiter?

Das Parlament hat in den vergangenen Jahren Investitionen in das Schienennetz im Umfang von rund 25 Milliarden Franken beschlossen – mit den Ausbauschritten 2025 und 2035 und den ZEB-Projekten (Zukünftige Entwicklung Bahninfrastruktur). Dadurch wird das öV-Angebot im Personen- und Güterverkehr stark verbessert. Der Bundesrat will bald Bilanz ziehen und einzelne Anpassungen vorschlagen. An der LITRA-Sessionsveranstaltung vom 15. Juni 2023 diskutierten darüber Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung, öV und Industrie.

In seiner Eröffnungsrede vor knapp 90 Gästen in Bern wies Martin Candinas, LITRA-Präsident und Nationalratspräsident 2022|2023, auf die ausgeprägte Reiselust der Schweizer Bevölkerung hin: Die Mobilität hat in den letzten Monaten deutlich zugenommen – insbesondere auch im öV!

Mit Blick auf den Güterverkehr erinnerte Martin Candinas an das verkehrspolitische Ziel, mehr Güter von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Die LITRA begrüsst deshalb den Parlamentsbeschluss, die Rollende Landstrasse ein letztes Mal bis Ende 2028 zu verlängern. Die LITRA erwartet, dass sich das Parlament bald auch mit der Stärkung und Modernisierung des Schienengüterverkehrs in der Fläche befassen kann – eine entsprechende Botschaft hat der Bundesrat für den kommenden Herbst angekündigt.

Gute Verkehrsinfrastrukturen sind ein Kernanliegen der LITRA. Dazu gehört der Ausbau der Bahninfrastruktur. Für den öV sind aber auch andere Infrastrukturgeschäfte bedeutend, wie Martin Candinas aufzeigte: etwa das Programm Agglomerationsverkehr. Vor wenigen Wochen hat der Nationalrat die finanzielle Unterstützung des Bundes für die vierte Generation dieses Programms angenommen. Als Nächstes wird sich der Ständerat das Geschäft beraten.

LITRA-Präsident und Nationalratspräsident Martin Candinas eröffnet die Sessionsveranstaltung.

Zum Schluss seiner Rede betonte Martin Candinas: «Allein mit dem Ausbau und der Weiterentwicklung der Infrastrukturen wird es uns nicht gelingen, die ambitionierten Ziele einer nachhaltigen Mobilität zu erreichen.» Wichtig sind ebenso neuartige Mobilitätsangebote, beispielsweise intelligente Verkehrsdrehscheiben, und eine stärkere Rolle des öV im Gesamtverkehr. Die öV-Branche stellt sich dieser Herausforderung, zugleich verbessert sie ihren eigenen Beitrag für mehr Klimaschutz: Mit der ehrgeizigen Klima- und Energiestrategie hat sie kürzlich aufgezeigt, wie der öV in der Schweiz bis ins Jahr 2040 CO2-frei unterwegs sein will.

Stand der Ausbauprogramme Bahninfrastruktur und die «Perspektive BAHN 2050»

Für das Thema des Tages – die Bahninfrastruktur – übergab Martin Candinas das Wort zunächst an Anna Barbara Remund, Vizedirektorin und Chefin der Abteilung Infrastruktur im Bundesamt für Verkehr (BAV).

Anna Barbara Remund (Vizedirektorin und Chefin der Abteilung Infrastruktur im Bundesamt für Verkehr) präsentiert den Stand der Ausbauprogramme Bahninfrastruktur.

Anna Barbara fasste den Stand der Ausbauprogramme zusammen und ging auf die langfristige Vision «Perspektive BAHN 2050» ein. "Es wird intensiv gebaut", bemerkte sie einleitend. Mehrere vom Parlament beschlossene Ausbauschritte für die Bahninfrastruktur befinden sich derzeit in Umsetzung: insbesondere das Programm ZEB (Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur) sowie die Ausbauschritte 2025 und 2035. Die Projekte dieser Ausbauschritte führen zu Investitionen in das Schienennetz im Umfang von rund 25 Milliarden Franken. Damit wird das öV-Angebot auf der Schiene im Personen- und im Güterverkehr mittelfristig stark verbessert.

Bevor der nächste Ausbauschritt vorgelegt wird, will der Bundesrat im laufenden Jahr Bilanz ziehen und dem Parlament Anpassungen an den beschlossenen Ausbauschritten beantragen. 2022 führte er deshalb eine Vernehmlassung zum Stand der Eisenbahn-Ausbauprogramme durch. Bestandteil dieser Konsultation war auch die neue Strategie für die langfristige Weiterentwicklung der Bahn: die «Perspektive BAHN 2050». Das BAV bereitet aktuell die Botschaft vor, die der Bundesrat in zweiten Hälfte 2023 dem Parlament vorlegen will. Die nächsten grösseren Ausbauschritte will der Bundesrat 2026 und 2030 dem Parlament vorlegen.

Podiumsdiskussion: Wo stehen wir und wie geht es weiter?

Abgeschlossen wurde die Sessionsveranstaltung der LITRA mit einer Podiumsdiskussion, die den Ausbau der Bahninfrastruktur aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtete. LITRA-Geschäftsführer Michael Bützer übernahm die Moderation.

Geschenkübergabe nach einer anregenden Podiumsdiskussion. Von links nach rechts: Michael Bützer (LITRA-Geschäftsührer), Cristina Schaffner (Direktorin Bauenschweiz), Peter Kummer (Leiter Infrastruktur und Mitglied der Konzernleitung der SBB) und Daniel Schafer (CEO BLS).

Peter Kummer, Leiter Infrastruktur und Mitglied der Konzernleitung der SBB, sprach unter anderem über das Spannungsfeld zwischen Ausbau und Substanzerhalt der Infrastruktur und betonte, der Substanzerhalt dürfe nicht vernachlässigt werden. Gemäss Peter Kummer unterstützen die SBB die Stossrichtung der "Perspektive BAHN 2050" und wünschen sich ergänzend eine stärkere Gewichtung des Fernverkehrs, der Vernetzung und eine bessere Auslastung bestehender Kapazitäten.

Cristina Schaffner, Direktorin von Bauenschweiz, erläuterte, dass der öV-Sektor eine wesentliche Bedeutung für die Bauwirtschaft hat. Die Bauwirtschaft will dazu beitragen, dass Infrastrukturprojekte effizient durchgeführt werden; sie investiert deshalb unter anderem in Ausbildung und Digitalisierung. Mit attraktiv gestalteten Berufen reagiert die Branche zudem gezielt auf den Fachkräftemangel.

Aus Sicht der BLS AG und dessen CEO, Daniel Schafer, ist wichtig, dass der Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels Bestandteil der Botschaft ist, die der Bundesrat für diesen Herbst angekündigt hat. Daniel Schafer betont aber auch: Wenn wir mehr Leute in den öV und mehr Güter auf die Bahn bringen wollen, dürfen wir nicht nur in Infrastrukturen investieren. Notwendig sind auch andere intelligente Lösungen. Die BLS analysiert deshalb beispielsweise mit den SBB, SOB, PostAuto, dem Startup 42hacks und dem Kanton St. Gallen Mobilitätsdaten, um neue, massgeschneiderte öV-Angebote zu entwickeln.