30. 09. 2025
30. 09. 2025
Fachkräfte von morgen: Wie die öV-Branche ihren Nachwuchs sichert
Der öffentliche Verkehr bietet jungen Menschen eine breite Palette an attraktiven Berufen. Ein bedarfsgerechtes Angebot an Lehrstellen sorgt dafür, dass das auch in Zukunft so bleibt. Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass in den meisten Bereichen des öffentlichen Verkehrs genügend Fachkräfte zur Besetzung offener Stellen verfügbar sind.

Nachwuchsförderung als bestes Mittel gegen den Fachkräftemangel: Aktuell absolvieren über 2000 Lernende ihre Ausbildung beim Ausbildungsverbund login. Im Bild: Gleisbauer. © login Berufsbildung AG
Von Benedikt Vogel, freischaffender Autor
In den Jahren 2022 und 2023 herrschte in Teilen der öV-Branche ein Mangel an Fachkräften. Nun gibt es Hinweise für eine Entspannung.
So scheint der Fachkräftemangel 2024 zumindest bei den Mitgliedern der LITRA in den Sektoren Transportunternehmen, Rollmaterial- und Bushersteller, Zulieferindustrie, Verbände, Kantone, Institute sowie Beratung, Engineering und Dienstleistungen abzunehmen. Einzig im Bereich Bau und Industrie droht sich die Situation leicht zu verschärfen.

Über alle LITRA-Mitgliedergruppen hinweg scheint der Fachkräftemangel seit einem Jahr wieder leicht abzunehmen. © LITRA
Das ist die Kernaussage einer LITRA-internen Auswertung. Die Untersuchung stützt sich auf ein Datenportal, welches seit 2018 Zahl und Publikationsdauer von Stellenanzeigen in der öV-Branche erfasst und daraus Rückschlüsse auf den Stellenmarkt ermöglicht. «Unsere Auswertung ermöglicht zwar keine abschliessende Beurteilung des Stellenmarkts, liefert aber interessante Hinweise», erklärt Michael Bützer, Geschäftsführer der LITRA.
Die Auswertung zeigt auch, welche Skills bei der Rekrutierung von Fachkräften besonders gefragt sind: Zuverlässigkeit, Projektmanagement, kommunikative Fähigkeiten, Deutsch und autonomes Arbeiten.
Stellen mit Nachhaltigkeitsimage
Der Arbeitsmarkt im öffentlichen Verkehr gilt als vielseitig und ansprechend. Die öV-Stellen sind auch vergleichsweise sicher und profitieren vom Nachhaltigkeitsimage der Branche. Die Beschäftigten sind bekannt für ihren Berufsstolz und ihr Engagement für die gemeinsame Sache.
Eine starke öV-Branche braucht eine solide Nachwuchsförderung. In der Grundbildung für Berufe im Bereich Bahn, Tram und Bus nimmt die login Berufsbildung AG mit Sitz in Olten eine zentrale Stellung ein: Als Ausbildungsverbund von SBB, BLS, RhB und dem Verband öffentlicher Verkehr kümmert sich login um den Nachwuchs in der öV-Branche.
Wer bei einem öV-Unternehmen eine Berufslehre absolviert, tut dies in der Regel über login. Aktuell hat der Ausbildungsverbund rund 2’100 Lernende unter Vertrag.

Im Sommer 2025 haben 98,9 Prozent aller zur Prüfung angetretenen Lernenden ihre Ausbildung bei login erfolgreich abgeschlossen – das sind insgesamt über 700 junge Berufsleute. Im Bild: Fachfrau öV. © login Berufsbildung AG
Fünf bahnspezifische Berufe
Trotz des Wohlwollens, das der öffentliche Verkehr in der Schweiz geniesst, ist es nicht immer einfach, Jugendliche für eine Lehre im öffentlichen Verkehr zu gewinnen, sagt Manuela Leuenberger, Leiterin Markt und Angebot und Mitglied der Geschäftsleitung bei login.
«Die Transportunternehmen stehen bei der Suche nach geeigneten Nachwuchskräften heute in einem harten Wettbewerb mit anderen Branchen. Sie müssen attraktive Angebote machen, damit junge Menschen einen dieser oft handwerklich geprägten Berufe erlernen – und auch langfristig in der Branche bleiben.»
Von den mehreren Hundert Schweizer Ausbildungsberufen sind gegen 30 in der öV-Branche verbreitet. Dazu gehören sowohl Lehren mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ), die drei oder vier Jahre dauern, als auch zweijährige Lehren mit Eidgenössischem Berufsattest (EBA).
Unter den Ausbildungen finden sich Berufe wie Polymechanikerin, Kaufmann, Reinigungstechnikerin oder Rezyklist – alles Berufsbilder, die auch in anderen Branchen gefragt sind. Fünf EFZ-Lehren sind jedoch spezifisch auf den öffentlichen Verkehr, beziehungsweise auf die Bahn zugeschnitten:
- Fachfrau/-mann Bahntransport EFZ: Stellt Züge zusammen und steuert die Rangierlok. Oft ein Sprungbrett, um sich später zur Lokführerin oder zum Lokführer weiterbilden zu lassen.
- Gleisbauer/in EFZ: Baut und unterhält Gleisanlagen – bei gutem und bei schlechtem Wetter.
- Netzelektriker/in EFZ: Montiert und unterhält Fahrleitungen. Geschult wird unter anderem im sicheren Umfeld des SBB-Schulungszentrums Centre Loewenberg bei Murten.
- Fachfrau/-mann öV EFZ: Steuert und überwacht in Betriebszentralen den Zugverkehr und gewährleistet die Pünktlichkeit der Züge (Laufbahn Zugverkehrsleitung) oder widmet sich der Planung von Personal, Fahrzeugen und Fahrplänen (Laufbahn Mobilität).
- Detailhandelsfachfrau/-mann EFZ öV: Berät die Bahnkunden am Schalter oder im Reisezentrum (Laufbahn Kundenberatung) oder als Kundenbegleiter in den Zügen (Laufbahn Kundenbegleitung).
Der letztgenannte Lehrberuf mit seinem ausgeprägten Kundenkontakt ist besonders beliebt. Weniger stark nachgefragt sind hingegen die Ausbildungsberufe Gleisbau, Netzelektrik und Reinigungstechnik, in gewissen Randregionen auch Polymechanikerinnen und Automatiker.

Netzelektrikerinnen (im Bild) und Gleisbauer (Titelbild) sind zwei von fünf bahnspezifischen Ausbildungsberufen, die man bei login absolvieren kann. © login Berufsbildung AG
Anpassung an gewandelte Bedürfnisse
Eisenbahnen haben in der Schweiz eine lange Tradition. Wer daraus den Schluss zieht, die Eisenbahnberufe sähen heute noch gleich aus wie früher, liegt aber falsch. Die Berufe im öffentlichen Verkehr werden wie alle anderen Berufe regelmässig überprüft und den gewandelten Bedürfnissen der Unternehmen angepasst.
Den Beruf Fachfrau/-mann Bahntransport zum Beispiel gibt es erst seit Sommer 2024. Die Vorgängerlehre Logistiker/-in Verkehr wurde weiterentwickelt, damit Lernende die Kompetenzen erwerben, die heute bei der Organisation von Bahntransporten gefragt sind. Im Übrigen ist bereits absehbar, dass die Ausbildung wohl schon bald erneut angepasst werden muss, wenn Züge künftig beispielsweise mit automatischen Kupplungen ausgestattet sind.
Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Technische Neuerungen, Digitalisierung oder Tools mit künstlicher Intelligenz verändern die Lehrberufe laufend – bisweilen nur in einzelnen Arbeitsabläufen, manchmal auch grundlegend. «Glücklicherweise sind die Informatik-Berufe sehr beliebt, so dass die Transportunternehmen ihre Stellen durch Abgängerinnen und Abgänger einer Lehre oder oft auch eines Studiums besetzen können», sagt Manuela Leuenberger.
Nach Einschätzung der Ausbildungsexpertin sind Jugendliche heute so fit in digitalen Skills, dass die Ausbildungsgänge viel weniger angepasst werden müssten, als man eine Zeit lang erwartet hatte.

Die wohl beliebtesten Ausbildungsberufe im öV sind solche mit ausgeprägtem Kundenkontakt – wie hier das Beispiel Detailhandelsfachfrau öV. © login Berufsbildung AG
Feilen an den Softskills
Anpassungsbedarf sieht Manuela Leuenberger an anderer Stelle: «In Zukunft werden wir noch mehr Wert auf die Softskills legen müssen, darunter Kundenorientierung, vernetztes Denken und Kommunikationsfähigkeit, aber auch Resilienz und psychische Gesundheit, also die Einstellung, zu sich selber Sorge zu tragen.»
Künftig könnte es zudem sinnvoll sein, die Berufsbildung flexibler zu gestalten, so dass diese den Lebensentwürfen der jungen Erwachsenen von heute noch besser entspricht. So könnte es möglich werden, eine EFZ-Lehre nicht wie bisher in drei Jahren am Stück, sondern verteilt auf vier oder fünf Jahre zu absolvieren.
Eine andere Idee geht dahin, die Berufe in einem engeren Rhythmus zu überarbeiten. «Wir müssen sicherstellen, dass die Berufslehren am Puls bleiben», betont Manuela Leuenberger.

© login Berufsbildung AG
login ist eine führende Anbieterin attraktiver und bedarfsgerechter Berufsbildung und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des Nachwuchses in der Welt der Mobilität.
Bei login bereiten sich über 2100 Lernende in über 25 verschiedenen Berufslehren auf ihre eidgenössisch anerkannten Abschlüsse vor.