01. 10. 2024
01. 10. 2024
Verkehrspolitische Beschlüsse: Herbstsession 2024
Zwischen dem 9. und dem 27. September fand die Herbstsession 2024 der eidgenössischen Räte statt. Nachfolgend werden die wichtigsten Beschlüsse zu verkehrspolitischen Geschäften in Kurzform zusammengefasst. Die Auflistung ist nicht abschliessend.
Jeweils eine Woche vor Beginn der Session der eidgenössischen Räte fasst die LITRA relevante verkehrspolitische Geschäfte der anstehenden Session in ihrer verkehrspolitischen Vorschau kurz und knapp zusammen. Die aktuelle verkehrspolitische Vorschau zur Herbstsession ist online zugänglich und kann via Newsletter abonniert werden.
In den verkehrspolitischen Beschlüssen werden nach Sessionsende die wichtigsten Entscheide, welche den öffentlichen Verkehr betreffen, zusammengefasst. Weiterführende Informationen zu den jeweiligen Geschäften sind in der aktuellen verkehrspolitischen Vorschau oder auf der verlinkten Seite des Parlamentsgeschäfts zu finden.
Mehr Mittel für Betrieb und Unterhalt der Bahninfrastruktur
Mehr Mittel für Betrieb und Unterhalt der Bahninfrastruktur
Im Rahmen seiner Botschaft zur Bahninfrastruktur hält der Bundesrat fest, dass die Schweizer Bahninfrastruktur trotz hoher Verkehrsbelastung in einem ausreichenden bis guten Zustand sei. Durch entsprechende Investitionen in den Substanzerhalt soll die Qualität des Schweizer Eisenbahnsystems auch in Zukunft sichergestellt werden.
Dafür will der Bundesrat für die Jahre 2025 – 2028 einen Zahlungsrahmen von 16,4 Milliarden Franken für den Betrieb und die Erneuerung des bestehenden Schienennetzes, der Bahnanlagen und der Bahnhöfe bereitstellen. Zudem beantragt der Bundesrat für den gleichen Zeitraum einen Verpflichtungskredit von 185 Millionen Franken für Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen.
In der Herbstsession nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss mit 192 zu 3 Stimmen an. Einen zusätzlichen Antrag, den Betrag um 500 Millionen Franken auf 16,9 Milliarden Franken zu erhöhen, um insbesondere mehr Bahnhöfe in den nächsten vier Jahren behindertengerecht umzubauen, lehnte er mit 105 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Das Geschäft geht an den Ständerat.
Gütertransport auf der Schiene soll modernisiert werden
Gütertransport auf der Schiene soll modernisiert werden
Der Bundesrat will den Gütertransport per Bahn und Schiff stärken, damit dieser einen noch grösseren Beitrag zur Versorgungssicherheit der Schweiz leisten kann. So soll der Schienengüterverkehr dank der digitalen automatischen Kupplung (DAK) einfacher, schneller und wirtschaftlicher werden. Für die Einführung der DAK will der Bundesrat 180 Millionen Franken zur Verfügung stellen. Zudem soll der Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) modernisiert und transformiert werden. Dieser erfüllt zwar wichtige Funktionen in der Logistik, ist in seiner heutigen Form aber nicht wirtschaftlich. Der Bundesrat sieht deshalb vor, den EWLV befristet zu fördern, mit dem Ziel, die Eigenwirtschaftlichkeit zu erreichen.
Die Ausgaben sollen dabei vollständig kompensiert werden. Hierfür soll ein Teil der Einnahmen aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) verwendet werden, der sonst in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) fliessen würde.
In der Herbstsession nahm der Ständerat das vom Bundesrat vorgeschlagenes Reformpaket mit 35 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Das Geschäft geht an den Nationalrat.
24.017 Gütertransportgesetz (Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen). Totalrevision
Ausbau des linksrheinischen Neat-Zubringers für eine stabile Verkehrsverlagerung
Ausbau des linksrheinischen Neat-Zubringers für eine stabile Verkehrsverlagerung
Die vielen Baustellen in Deutschland zur Erhaltung und zum Ausbau der rechtsrheinischen Bahnachse (Korridor Rhine-Alpine) werden noch Jahre dauern. Um eine Stagnation oder gar eine Regression der Verlagerungspolitik zu verhindern, verlangt die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) vom Bundesrat Massnahmen, um den linksrheinischen NEAT-Zubringer in den kommenden Jahren auszubauen und so eine zukunftsträchtige Alternative für den Schienengüterverkehr zu schaffen.
Nachdem der Nationalrat dem Anliegen in der Sommersession gefolgt ist, tritt in der Herbstsession auch der Ständerat mit 27 zu 14 Stimmen auf die Vorlage ein. Damit geht das Geschäft an den Bundesrat.
24.3389 Motion Ausbau linksrheinischer NEAT-Zubringer im Interesse der Verlagerung vorantreiben
Stabilisierung des kombinierten Verkehrs auf der Nord-Süd-Achse
Stabilisierung des kombinierten Verkehrs auf der Nord-Süd-Achse
Aufgrund der instabilen Verkehrslage, insbesondere in Deutschland, kommt es laut der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) zu zahlreichen Zugausfällen im alpenquerenden Schienengüterverkehr. Störungen auf der Nord-Süd-Achse führen zu Blockaden der Umschlagterminals, was die Annahme und den Versand weiterer Güter sowohl national als auch international verhindert. Die KVF-N verlangt mit einer Motion vom Bundesrat die Schaffung von Puffergleisen für den Schienengüterverkehr auf der Nord-Süd-Achse, um den kombinierten Verkehr rasch zu stabilisieren.
Nachdem der Nationalrat dem Anliegen in der Sommersession gefolgt ist, tritt in der Herbstsession auch der Ständerat mit 33 zu 7 Stimmen auf die Vorlage ein. Damit geht das Geschäft an den Bundesrat.
Keine zusätzliche Unterstützung für den Gütertransport über Mittelinstanzen
Keine zusätzliche Unterstützung für den Gütertransport über Mittelinstanzen
Der Bundesrat stellt im Bericht über die Verkehrsverlagerung 2023 im alpenquerenden Schwerverkehr fest, dass der Anteil der Verlagerung im kombinierten Verkehr im Distanzbereich unter 600 Kilometern deutlich tiefer liegt als beim Distanzverkehr über 600 Kilometern. Gleichzeitig sind die Fördermittel pro Verlagerung bei den mittellangen Distanzen höher. Der Bundesrat schlägt daher vor, einen Teil der Fördermittel von den langen auf die mittellangen Distanzen umzuwidmen.
Aus Sicht der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) ist eine solche Mittelverlagerung gefährlich. Die KVF-N verlangt mit einer Motion vom Bundesrat auf eine Fördermittelverlagerung beim kombinierten Verkehr zu verzichten und zusätzlich 15 Millionen Franken für mittellange Distanzen bereitzustellen.
Nachdem der Nationalrat dem Anliegen in der Sommersession gefolgt ist, lehnte der Ständerat diese in der Herbstsession mit 31 zu 10 Stimmen ab. Die Vorlage ist damit vom Tisch.
24.3391 Für eine stärkere Verlagerung auf mittlere Transportdistanzen
Eidgenössische Räte einigen sich beim Kapitalzuschuss für die SBB
Eidgenössische Räte einigen sich beim Kapitalzuschuss für die SBB
Mit einer Anpassung des Bundesgesetzes über die schweizerischen Bundesbahnen (SBBG) will der Bundesrat die finanzielle Situation und die Investitionsfähigkeit der SBB stärken. Nach je einer Beratung im Nationalrat (Wintersession 2023) und im Ständerat (Sommersession 2024) verblieben Differenzen bei zwei Artikeln, welche die beiden Räte in der Herbstsession bereinigen konnten.
- Der vom Bundesrat vorgeschlagene einmalige Kapitalzuschuss an die SBB von 1,15 Milliarden Franken wird um 300 Millionen Franken gekürzt. Den SBB werden somit 850 Million Franken zugesprochen. Dies entspricht dem Deckungsbeitrag im Fernverkehr, den die SBB in den Jahren 2020-2022 bezahlt hat.
- Die SBB dürfen sich nur beim Bund verschulden. Dieser gewährt ihnen rückzahlbare Tresoreriedarlehen zur Deckung ihres Investitionsbedarfs, was zu einem Anstieg der Verschuldung des Bundes ausserhalb der Schuldenbremse führt. Ab einem bestimmten Verschuldungsniveau müssen die SBB neu von Tresorerie- zu Haushaltsdarlehen übergehen. Damit unterstehen die Gelder der Schuldenbremse. Im Gegensatz zum Bundesrat will das Parlament die Festlegung der Obergrenze bei den Tresoreriedarlehen aber flexibler gestalten.
Mit 127 zu 68 Stimmen (Nationalrat), respektive 38 zu 4 Stimmen (Ständerat) stimmen die beiden Räte in der Herbstsession der Änderungen im SBBG zu. Damit hat das Parlament die Anpassung des Bundesgesetzes über die schweizerischen Bundesbahnen endgültig verabschiedet.
23.063 Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG). Änderung
SebG: Bundesrat muss Umsetzung des Seilbahngesetztes prüfen
SebG: Bundesrat muss Umsetzung des Seilbahngesetztes prüfen
Im Rahmen der Vorprüfung der parlamentarischen Initiative 23.440, welche die Schaffung eines Fonds für den Rückbau stillgelegter Seilbahnanlagen fordert, kam die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) zum Schluss, dass eine Gesamtbeurteilung des Seilbahngesetzes (SebG) von 2006 erfolgen muss. Dabei soll insbesondere die Umsetzung der Pflicht der Eigentümer von Seilbahnanlagen, definitiv stillgelegte Anlagen zurückzubauen, auf föderaler und kantonaler Ebene geprüft und mögliche Massnahmen diskutiert werden.
In seiner Antwort vom 14. August 2024 empfahl der Bundesrat die Ablehnung des Postulats und verwiese darauf, dass sich das Seilbahngesetzt von 2006 insgesamt bewährt und sich dessen Anwendung gut etabliert habe.
Die Mehrheit des Nationalrats sieht das indes anders: mit 114 zu 68 Stimmen bei 3 Enthaltungen nimmt er das Postulat in der Herbstsession an. Damit geht das Geschäft an den Bundesrat.
Keine Kerosinsteuer für den Flugverkehr
Keine Kerosinsteuer für den Flugverkehr
Der Kanton Zürich verlangt mit einer Standesinitiative vom Bundesrat die Einführung einer Kerosinsteuer für den Flugverkehr. Die Kerosinsteuer soll in ihrer Höhe eine Lenkungswirkung erzielen, die in der Folge eine Reduktion des CO2-Ausstosses bewirkt und sowohl für nationale wie auch für internationale Flüge definiert sein.
Nachdem der Ständerat dem Anliegen in der Sommersession keine Folge gegeben hat, lehnt in der Herbstsession auch der Nationalrat die Standesinitiative mit 122 zu 70 Stimmen ab. Eine Kerosinsteuer nur auf europäischer Ebene einzuführen, wie es die Initiative verlangt, halten die beiden Räte für wenig zielführend. Aus ihrer Sicht ist die im Rahmen der CO2-Gesetzesrevision beschlossene Beimischpflicht für erneuerbare Flugtreibstoffe der bessere Weg, um die Emissionen der Luftfahrt zu begrenzen. Die Vorlage ist damit vom Tisch.
Eingereichte Vorstösse
Neben den traktandierten Geschäften wurden seitens Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch verschiedene Vorstösse eingereicht. Unter anderem (nicht abschliessend):
- Beschleunigung der Verkehrsverlagerung in grenzüberschreitenden Regionen und Ballungsräumen (24.3964)
- Nationale Strassen- und Schienenwege an klimatische und meteorologische Unwägbarkeiten anpassen (24.3965)
- Bundeshaushalt stabilisieren: Subventionen für Flugverkehr aufheben (24.4241)
- Grundlagen für eine nachhaltige Mobilität mit automatisierten Fahren schaffen (24.4244)
- Für die Wiederaufnahme des Gesetzes über die Anbindung von Hochleistungszügen an das europäische Netz LRLGV (24.4103 | 24.4104 | 24.4109 | 24.4110 | 24.4113)
Nach der Session ist vor der Session
Die Wintersession der eidgenössischen Räte findet zwischen dem 2. und dem 20. Dezember statt. In der Woche vor Sessionsbeginn publiziert die LITRA ihre verkehrspolitische Vorschau. Kompakt und verständlich informiert sie die LITRA über die öV-Geschäfte, welche für die Session im National- und Ständerat geplant sind.